Workhouses (Arbeitshäuser) in England und Wales – Geschichte & Alltag

Arbeitshäuser in England & Wales: Geschichte, Alltag und soziale Folgen vom 17. Jh. bis 1834 – Einblick in Leben, Zwangsarbeit und Armenfürsorge.

Autor: Leandro Alegsa

Das Arbeitshaus war eine Institution, die Menschen, die keine Arbeit oder kein Einkommen hatten, Unterkunft, Verpflegung und Arbeit anbot. Solche Einrichtungen entstanden vor allem im 17. Jahrhundert in England und Wales. Die erste bekannte Verwendung des Wortes "Arbeitshaus" findet sich in einem Bericht des Bürgermeisters von Abingdon aus dem Jahr 1631 über den Bau eines Arbeitshauses in der Stadt.

Historischer Hintergrund und gesetzliche Entwicklung

Die Institutionen, aus denen später die Arbeitshäuser hervorgingen, haben tiefere Wurzeln in der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Armenfürsorge. Bereits die Statuten wie die Statute of Cambridge (1388) schränkten die Wanderungsfreiheit von Arbeitskräften ein, um lokale Arbeitsmärkte zu stabilisieren. Später stellte vor allem das System der Pfarrfürsorge sicher, dass Gemeinden für das Wohlergehen ihrer Armen verantwortlich waren; ein bedeutender Meilenstein war die Elizabethanische Armenordnung (Poor Law) von 1601.

Im 19. Jahrhundert verschärften sich die Probleme: Nach den Napoleonischen Kriegen herrschte eine hohe Arbeitslosigkeit, technischer Wandel verdrängte manuelle Arbeitsplätze auf dem Land, und in den 1830er Jahren kam es mehrfach zu schlechten Ernten. Diese Faktoren setzten das bestehende Armenhilfesystem stark unter Druck.

Das Neue Armengesetz von 1834 und das Prinzip der "Less Eligibility"

Als Reaktion darauf verabschiedete das Parlament 1834 das sogenannte Poor Law Amendment Act (hier im Text als Neues Armengesetz von 1834 genannt). Ziel war es, Kosten zu senken und angeblich Anreize zur Arbeitsaufnahme zu schaffen. Ein zentrales Prinzip war die „less eligibility“-Regel: Hilfe in Arbeitshäusern musste schlechter sein als die Bedingungen des ärmsten unabhängigen Arbeiters, damit nur wirklich Bedürftige Zuflucht suchten.

Nach 1834 wurden viele Pfarrbezirke zu sogenannten Poor Law Unions zusammengefasst, die große Union Workhouses errichteten und zentral verwalteten. Diese neuen Einrichtungen waren oft streng reglementiert und sollten das Leben dort unattraktiv machen.

Arbeit, Disziplin und täglicher Ablauf

Die Arbeit, die von den Insassen erwartet wurde, war meist einfach, körperlich anstrengend und wenig qualifiziert. Typische Tätigkeiten waren:

  • Steinbrechen (z. B. Brechen großer Steine in kleine Schotterstücke),
  • Knochen zerkleinern zur Herstellung von Dünger,
  • Auseinanderziehen alter Seile zur Wiederverwendung der Fasern (das sog. Oakum-Picken),
  • Einfache Werk- und Manufakturarbeiten, Lager- und Putzarbeiten.

Für manche Einrichtungen war die Arbeitskraft der Insassen auch eine Möglichkeit, Einnahmen zu erzielen. Arbeitszeiten, Strafen bei Ungehorsam, strenge Kleidervorschriften und oft die Trennung von Familien sollten Demütigung und Disziplin durchsetzen.

Alltag, Versorgung und Kinder

Das Leben im Arbeitshaus war bewusst karg gehalten: einfache Kost, strikte Tagesabläufe und wenig Privatsphäre. Familien wurden nicht selten getrennt – Männer, Frauen und Kinder wurden in getrennten Bereichen untergebracht. Gleichzeitig bot das Arbeitshaus aber auch Dinge, die außerhalb schwer zu bekommen waren:

  • medizinische Versorgung für oft zuvor unbehandelte Krankheiten,
  • Unterricht und Erziehung für Kinder der Insassen sowie Vermittlung von Lehrstellen oder Pachtverhältnissen,
  • Schutz und Unterkunft für ältere und kranke Menschen, die sonst obdachlos oder völlig unversorgt gewesen wären.

Kinder wurden häufig in Lehre gegeben oder in speziellen Abteilungen unterrichtet. Diese Aspekte führten dazu, dass Arbeitshäuser trotz harter Bedingungen für manche bedürftige Familien eine letzte Absicherung bedeuteten.

Kritik, Skandale und öffentliche Wahrnehmung

Das strenge Regime rief von Anfang an Kritik hervor. Berichte über Misshandlungen, mangelhafte Versorgung und ausbeuterische Praktiken führten immer wieder zu öffentlichen Debatten und einzelnen Reformen. Literarische Schilderungen, etwa bei Charles Dickens (z. B. in "Oliver Twist"), prägten das Bild des Arbeitshauses in der öffentlichen Wahrnehmung nachhaltig.

Wandel im 19. und 20. Jahrhundert und Auflösung

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts veränderte sich die Zusammensetzung der Arbeitshausinsassen: Immer mehr alte, kranke und pflegebedürftige Menschen lebten dort, statt überwiegend Arbeitslose. Mit der Zeit wurden viele Arbeitshäuser deshalb zu Armenhäusern, Einrichtungen mit einem stärkeren Schwerpunkt auf Pflege und medizinischer Versorgung.

Wichtige gesetzliche Einschnitte kamen im 20. Jahrhundert: Mit dem Local Government Act 1929 ging die Verwaltung vieler Einrichtungen an kommunale Behörden über, und die eigentlichen Arbeitshäuser verloren ihre frühere Funktion. Schließlich markierte das National Assistance Act 1948 das Ende des alten Poor Law-Systems und damit auch das endgültige Aus für die traditionellen Arbeitshäuser in England und Wales.

Erbe und Erinnerung

Viele ehemalige Arbeitshausgebäude wurden in Krankenhäuser, Rathäuser, öffentliche Wohnungen oder andere Einrichtungen umgewandelt; einige sind heute Museen oder Erinnerungsorte, die über die Geschichte der Armenfürsorge informieren. Die Debatten über Würde, soziale Sicherheit und staatliche Verantwortung, die das System der Arbeitshäuser ausgelöst hat, sind bis heute relevant für Diskussionen über Sozialpolitik und Armenhilfe.

Zusammenfassung: Arbeitshäuser waren zeitweise zentrales Instrument der Armenfürsorge in England und Wales. Sie kombinierten Unterstützung mit Disziplinierungsprinzipien, boten aber zugleich soziale Leistungen wie medizinische Betreuung und Ausbildung, die vielen Bedürftigen sonst verwehrt geblieben wären. Ihre Entwicklung spiegelt die sozialen und wirtschaftlichen Umbrüche vom späten Mittelalter bis zur Nachkriegszeit wider.

Mahlzeit im Arbeitshaus von St. PancrasZoom
Mahlzeit im Arbeitshaus von St. Pancras

Das Arbeitshaus NantwichZoom
Das Arbeitshaus Nantwich

Fragen und Antworten

F: Was war der Zweck der Arbeitshäuser?


A: Arbeitshäuser waren Orte, die Menschen, die keine Arbeit hatten, Unterkunft und Arbeit boten. Sie sollten helfen, den Mangel an Arbeitskräften nach dem Schwarzen Tod zu beheben und die Armen zu versorgen.

F: Wann wurden Arbeitshäuser erstmals erwähnt?


A: Das Wort Arbeitshaus wurde erstmals in einem Bericht des Bürgermeisters von Abingdon aus dem Jahr 1631 über den Bau eines Arbeitshauses in der Stadt verwendet. Die Anfänge der Arbeitshäuser gehen jedoch auf den Poor Law Act von 1388 zurück.

F: Was war die Ursache für den Anstieg der Arbeitslosigkeit in dieser Zeit?


A: Nach den napoleonischen Kriegen gab es viel Arbeitslosigkeit und auch Arbeitslosigkeit, die durch Maschinen verursacht wurde, die die Arbeit der Landarbeiter übernahmen. Außerdem gab es in dieser Zeit mehrere Missernten, die die bestehenden Möglichkeiten zur Versorgung armer Menschen überforderten.

F: Wie unterschied sich das Leben in einem Arbeitshaus vom Leben außerhalb?


A: Das Leben in einem Arbeitshaus sollte nicht einfach sein; es wurde hart gemacht, damit nur diejenigen, die keine Hoffnung auf eine andere Beschäftigung hatten, dort Hilfe suchten. Die Insassen der Arbeitshäuser hatten keine Rechte und waren strengen Regeln und harten Strafen unterworfen, aber sie erhielten kostenlose medizinische Versorgung und Schulbildung für Kinder - etwas, das außerhalb des Systems nicht verfügbar war.

F: Wann änderten sich die Gesetze über die Art und Weise, wie Menschen Unterstützung erhielten?


A: Gegen Ende der 1800er Jahre wurden die Gesetze dahingehend geändert, dass die meisten Plätze in den Arbeitshäusern nicht mehr mit arbeitslosen Armen, sondern mit alten und kranken Menschen belegt wurden. Im Jahr 1929 gab es weitere Änderungen, als diese Einrichtungen zu Krankenhäusern wurden, die als Public Assistance Institutions bekannt wurden und schließlich mit dem 1948 verabschiedeten National Assistance Act verschwanden.

F: Welche Art von Arbeit verrichteten die Insassen in einem Arbeitshaus?


A: Die meisten Insassen verfügten nicht über die für normale Jobs erforderlichen Fähigkeiten. Zu ihren Aufgaben gehörte es, Felsen in kleine Steine zu zerschlagen, Knochen zu brechen, um Dünger herzustellen oder alte Seile zu zerreißen, um ihre Fasern (bekannt als Eichenholz) wiederzuverwenden. Dieses alte Seil wurde verwendet, um Fugen in Schiffbauprojekten wasserdicht zu verpacken und mit Metallstacheln zu zerpflücken.


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