Auslösereiz (Schlüsselreiz): Definition, FAP & Beispiele in der Ethologie
Auslösereiz (Schlüsselreiz): Definition, FAP & Beispiele in der Ethologie — angeborene Reize, Fixed Action Patterns und prägnante Fallbeispiele verständlich erklärt.
Ein Auslösereiz (auch Schlüsselreiz genannt) ist ein Reiz, den ein Tier an ein anderes richtet und der beim Empfänger eine bestimmte, artspezifische Reaktion auslöst. Der Auslöser aktiviert einen angeborenen Auslösemechanismus (engl. innate releasing mechanism) im Empfänger; dieser Mechanismus setzt dann ein festes Verhaltensmuster in Gang, das als Fixed Action Pattern (FAP) bezeichnet wird.
Eigenschaften von Auslösereizen und Fixed Action Patterns
- Art- und stereotypisch: Ein FAP ist meist relativ unveränderlich und folgt einer typischen Abfolge von Bewegungen oder Handlungen.
- Ausgelöst durch spezifische Stimuli: Nur bestimmte Merkmale eines Reizes (z. B. Farbe, Form, Lautfolge) wirken als Schlüsselreiz und lösen das Muster aus.
- Lauf bis zum Ende: Ein einmal ausgelöstes FAP wird in vielen Fällen zu Ende geführt, auch wenn der auslösende Reiz nicht mehr vorhanden ist.
- Angeboren: Sowohl der Schlüsselreiz als auch der Auslösemechanismus sind in der Regel genetisch verankert und müssen nicht erlernt werden.
- Varianten und Schwellenwerte: Die Empfindlichkeit gegenüber einem Auslösereiz kann individuell oder situationsabhängig variieren (z. B. durch Hunger, Brutpflegezustand).
Typische Beispiele
Ein klassisches Beispiel sind junge Vögel, die mit intensivem Bettelruf und weit geöffnetem Schnabel auf eine Fütterung reagieren. Ein Jungvogel macht seinen Lockruf — er kreischt und öffnet seinen Schnabel weit, wobei oft die leuchtend rote Innenseite der Kehle sichtbar ist. Dies veranlasst den erwachsenen Vogel, im Schlund gespeicherte Nahrung hervorzuwürgen und zu verfüttern. Beide „Partner“ verhalten sich instinktiv: diese Verhaltensweisen sind erblich und werden nicht erst im Laufe des Lebens erlernt. Eine FAP kann wirklich als „fest verdrahtet“ bezeichnet werden: Ein spezifischer Reiz führt fast immer zu derselben Verhaltensreaktion.
Ein weiteres bekanntes Beispiel sind die Tänze von Wasservögeln wie dem Haubentaucher. Diese Paarungstänze, die oft bei der Wiedervereinigung eines Paares auftreten, sind relativ komplex und wurden unter anderem von Julian Huxley beschrieben. Bei solchen Ritualen treffen Schlüsselreize aufeinander, und beide Partner führen das festgelegte Handlungsmuster aus; die Funktion liegt vermutlich in der Festigung der Paarbindung.
Auch in Räuber-Beute-Interaktionen treten auslösende Reize auf: Einige Motten falten bei Ultraschallpeilen von Fledermäusen sofort die Flügel ein und fallen zu Boden — ein Reflex, der die Motte schützt, aber für die Fledermaus selbst keinen direkten Vorteil bringt. Andere Fledermäuse reduzieren bei hörbarer Mottenaktivität ihre Sonarlautstärke und „schleichen“ in den letzten Metern an die Beute heran. Solche Reaktionen lassen sich teils besser als Reflexhandlung klassifizieren.
Weitere, oft zitierte Beispiele (ohne direkte Verlinkung): das Angriffsverhalten des Stichlings, das durch die rote Bauchfärbung rivalisierender Männchen ausgelöst wird (Tinbergen), oder das sogenannte Kindchenschema (großer Kopf, große Augen), das bei vielen Säugetierarten, einschließlich Menschen, fürsorgliches Verhalten auslösen kann. Lorenz zeigte außerdem, dass übertriebene Merkmale (sog. supernormale Reize) noch stärkere Reaktionen hervorrufen können — etwa wenn junge Möwen stärker auf einen künstlich verstärkten Punkt auf einem Stab reagieren als auf den natürlichen Elternschnabel.
Funktion und evolutionäre Bedeutung
Auslösereize und FAPs haben sich evolutionär entwickelt, weil sie in bestimmten Situationen schnelle, zuverlässige Reaktionen sichern. Bei Brutpflege oder der Paarbildung erhöht ein sofortiges, festes Verhalten die Überlebens- und Fortpflanzungschancen. Manche Systeme dienen zudem der Kopplung von Kommunikation und Handlung (z. B. Balzrituale).
Abgrenzung: FAP vs. Reflex vs. gelerntes Verhalten
- Reflexe sind meist sehr einfache, kurzlatente Reaktionen (z. B. Kniesehnenreflex) und weniger komplex als ein FAP.
- Fixed Action Patterns sind länger, komplexer und laufen häufig stereotypisch ab; sie sind angeboren, aber in bestimmten Grenzen modulierbar.
- Gelernte Verhaltensweisen entstehen durch Erfahrung und sind flexibel; viele Verhaltensweisen setzen eine Kombination aus angeborenem und gelerntem Verhalten voraus.
Wichtige Hinweise für die Forschung
Ethologen untersuchen Auslösereize experimentell, indem sie Reizmerkmale systematisch verändern (z. B. Farbe, Form, Lautmuster) und so feststellen, welche Komponenten als Schlüsselreiz wirken. Solche Studien zeigen oft überraschende Befunde über die Sensitivität der Wahrnehmung und die evolutionäre Anpassung von Verhaltensmustern.
Zusammenfassend sind Auslösereize und die daraus folgenden Fixed Action Patterns zentrale Konzepte in der Ethologie: Sie erklären, wie artspezifische, meist angeborene Reaktionen durch klar definierte äußere Merkmale zuverlässig ausgelöst werden können — oft mit direktem Einfluss auf Überleben und Fortpflanzung.
Fragen und Antworten
F: Was ist ein Auslöser?
A: Ein Auslöser ist ein Reiz, der von einem Tier auf ein anderes einwirkt und eine bestimmte Reaktion hervorruft. Er löst beim Empfänger einen angeborenen Auslösemechanismus aus, der dazu führt, dass der Empfänger seine Reaktion ausführt, die als festes Aktionsmuster (FAP) bekannt ist.
F: Wie werden diese Verhaltensweisen vererbt?
A: Diese Verhaltensweisen werden vererbt und nicht im Laufe des Lebens erlernt. Das FAP kann als 'fest verdrahtet' bezeichnet werden, da es zu der gleichen Verhaltensreaktion führt, wenn es durch einen bestimmten Reiz ausgelöst wird.
F: Was ist ein Beispiel für ein solches Verhalten?
A: Ein Beispiel für diese Art von Verhalten ist, wenn ein Jungvogel krächzt und seinen Schnabel weit öffnet, so dass das Innere des Rachens leuchtend rot erscheint, was den Erwachsenen dazu veranlasst, die in seiner Speiseröhre gespeicherte Nahrung auszuhusten.
F: Was machen Wasservögel wie Haubentaucher?
A: Wasservögel wie Haubentaucher führen 'Tänze' auf, wenn sie sich nach einer Abwesenheit oder bei anderen Gelegenheiten wiedersehen. Die Tänze sind recht komplex und wurden erstmals von Julian Huxley ausführlich beschrieben. Das Zusammentreffen dient als Auslöser für beide Partner, die dann ihr festgelegtes Aktionsmuster ausführen.
F: Was ist der Zweck dieses Systems?
A: Man geht davon aus, dass dieses System dazu beiträgt, die Bindung des Paares zu stärken, aber es muss nicht unbedingt beiden Partnern zugute kommen und sie müssen auch nicht von der gleichen Art sein.
F: Können Sie ein weiteres Beispiel für ein vererbtes Verhalten nennen?
A: Ein weiteres Beispiel für ein ererbtes Verhalten ist, dass Motten sofort ihre Flügel einklappen und sich zu Boden fallen lassen, wenn sie auf Fledermaus-Ultraschallsignale treffen. Das hilft ihnen, kommt aber offensichtlich nicht den Fledermäusen zugute, die den Schall abschalten, wenn sie die Motten hören, und auf den letzten Metern gleiten - das könnte man besser als Reflexhandlung bezeichnen.
Suche in der Enzyklopädie