Kleinste-Quadrate-Methode: Definition, Geschichte & Anwendungen

Kleinste-Quadrate-Methode: Definition, Geschichte (Gauß & Legendre) und praxisnahe Anwendungen in Statistik, Physik und Datenanalyse — klar, kompakt und verständlich erklärt.

Autor: Leandro Alegsa

Kleinste Quadrate ist ein grundlegendes Verfahren in der Mathematik und Statistik, mit dem aus einer Menge beobachteter Datenpunkte eine Modellfunktion konstruiert wird. Die zentrale Idee ist, die Summe der quadrierten Abweichungen zwischen den beobachteten Werten und den von der Funktion vorhergesagten Werten zu minimieren. Durch das Quadrieren werden positive und negative Abweichungen gleich behandelt und größere Abweichungen stärker gewichtet.

Carl Friedrich Gauß behauptete, die Methode bereits 1795 angewandt zu haben; seine ausführliche Anwendung zur Bahnvorhersage des Asteroiden 1 Ceres erlangte historische Bedeutung. Gauß veröffentlichte seine Arbeiten später in der Literatur (u. a. in der "Theoria motus" von 1809). Unabhängig davon führte Pierre-Simon Laplace und insbesondere Adrien‑Marie Legendre (veröffentlicht 1805) ähnliche Ideen ein.

Was genau wird minimiert?

Gegeben seien Messpaare (x_i, y_i) für i = 1,...,n und ein Modell y = f(x; θ) mit Parametern θ. Die Methode der kleinsten Quadrate bestimmt die Parameter θ so, dass die Summe der quadrierten Residuen

S(θ) = Σ_i (y_i − f(x_i; θ))^2

minimal wird. Bei linearen Modellen (f linear in den Parametern) lassen sich diese Bedingungen oft in geschlossener Form lösen; bei nichtlinearen Modellen verwendet man iterative Verfahren.

Lineare Kleinste Quadrate (Matrixschreibweise)

Für ein lineares Modell in Parametervektor β und Designmatrix A (Zeilen sind Beobachtungen, Spalten Basisfunktionen) schreibt man das Problem als Minimierung von ||Aβ − y||^2. Die Normalengleichungen sind

A^T A β = A^T y

Falls A^T A invertierbar ist, ergibt sich die Lösung β = (A^T A)^{-1} A^T y. Wegen numerischer Stabilitätsprobleme ist es jedoch in der Praxis oft besser, QR‑Zerlegung oder Singulärwertzerlegung (SVD) zu verwenden, statt A^T A direkt zu invertieren.

Anwendungen

  • Statistik und Regression: Lineare Regression, Trendanalyse.
  • Geodäsie und Astronomie: Bahnbestimmung, Ausgleichsrechnung bei Vermessungen.
  • Maschinelles Lernen: Lineare Modelle, Ridge‑Regression (Tikhonov‑Regularisierung).
  • Signalverarbeitung und Bildgebung: Filteranpassung, Tomographie.
  • Ökonometrie und Naturwissenschaften: Parameterschätzung aus experimentellen Daten.

Varianten und Erweiterungen

  • Gewichtete kleinste Quadrate: Residuen werden mit Gewichten w_i versehen, um unterschiedliche Messunsicherheiten zu berücksichtigen; minimiert wird Σ_i w_i (y_i − f(x_i))^2.
  • Generalisierte kleinste Quadrate (GLS): berücksichtigt korrelierte Messfehler durch eine Kovarianzmatrix Σ und minimiert (Aβ − y)^T Σ^{-1} (Aβ − y).
  • Nichtlineare kleinste Quadrate: iterative Verfahren wie Gauss‑Newton, Levenberg‑Marquardt zur Anpassung nichtlinearer Modelle.
  • Regularisierung: Ridge (L2) oder Lasso (L1) fügen eine Strafterm zur Vermeidung von Overfitting und zur Stabilisierung bei schlecht konditionierten Problemen hinzu.

Statistische Eigenschaften

Unter den Voraussetzungen des klassischen linearen Modells (lineare Erwartung, homoskedastische und unkorrelierte Fehler mit Erwartungswert null) liefert die Methode der kleinsten Quadrate den besten linearen unverzerrten Schätzer (BLUE) gemäß dem Gauß‑Markov‑Theorem. Zusätzlich, wenn die Fehler normalverteilt sind, sind die LS‑Schätzer auch Maximum‑Likelihood‑Schätzer.

Praktische Hinweise und Einschränkungen

  • Robustheit: Da große Abweichungen quadriert werden, ist die Methode empfindlich gegenüber Ausreißern. Robustere Alternativen sind z. B. L1‑Regression, M‑Schätzer oder RANSAC.
  • Numerik: Vermeide explizites Bilden von A^T A bei schlechter Kondition; verwende QR oder SVD. Bei singulären oder fast singulären Problemen helfen Regularisierungsverfahren.
  • Modellannahmen: Falsche Modellwahl (z. B. falsche Form von f) führt zu systematischen Fehlern; Modellvalidierung und Residuenanalyse sind wichtig.

Kurzes Beispiel: Einfache lineare Regression

Für y ≈ a + b x minimiert man Σ (y_i − a − b x_i)^2. Die geschlossenen Formeln für Steigung b und Achsenabschnitt a lauten:

b = Σ (x_i − x̄)(y_i − ȳ) / Σ (x_i − x̄)^2, a = ȳ − b x̄

Dabei sind x̄ und ȳ die Mittelwerte der x_i bzw. y_i.

Fazit

Die Kleinste‑Quadrate‑Methode ist ein universelles und praktisch sehr wichtiges Werkzeug zur Parameterschätzung und Datenanpassung. Ihre Varianten decken einfache lineare Probleme bis hin zu komplexen, gewichteten und nichtlinearen Ausgleichsproblemen ab. Bei der Anwendung sind Modellwahl, numerische Stabilität und der Umgang mit Ausreißern zentrale Aspekte.

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