Pflanzenzikaden (Planthopper, Fulgoromorpha) – Merkmale & Bedeutung
Pflanzenzikaden (Planthopper): Merkmale, Lebensweise & Bedeutung — Vielfalt, Tarnung, Sprungmechanik und Rolle als Pflanzenkrankheits-Überträger erklärt.
Planthopper sind Insekten der Unterordnung Fulgoromorpha. Sie sind echte Wanzen (Hemiptera), mit über 12.500 beschriebenen Arten.
Merkmale
Planthopper sind kleine bis mittelgroße Insekten mit auffälligen, oft flachen oder schildförmigen Flügeln. Viele Arten sind kryptische Nachahmer: ihre Körperform und Farben sehen aus wie Blätter, Rinde oder andere Pflanzenteile in ihrer Umgebung, was der Tarnung dient. Einige Familien — zum Beispiel die Fulgoridae — besitzen verlängerte Kopfpartien oder ausgeprägte Höcker.
Wie alle Hemiptera haben sie stechend-saugende Mundwerkzeuge und ernähren sich von Pflanzensäften (meist Phloem oder Xylem). Die Fortbewegung erfolgt entweder sehr langsam oder durch kräftiges Abspringen; in Ruhe sitzen viele Arten flach an Stängeln oder Blättern.
Typische Merkmale im Überblick:
- Piercing-saugende Mundwerkzeuge
- häufig flügeltragend, Vorderflügel oft dicht gezeichnet
- Nymphen oft mit wachsartigen Filamenten oder „Wollwatte“-Ausstülpungen
- ausgeprägte Tarnung durch Form und Farbe
Systematik und bekannte Familien
Die Gruppe umfasst zahlreiche Familien innerhalb der Superfamilie Fulgoroidea. Zu den bekanntesten gehören Fulgoridae, Flatidae, Issidae, Ricaniidae, Dictyopharidae und Delphacidae. Die Artenvielfalt ist weltweit verteilt, von tropischen Regenwäldern bis zu gemäßigten Wiesen und Kulturen.
Lebenszyklus und Verhalten
Planthopper durchlaufen eine unvollständige Verwandlung (Hemimetabolie): Ei → mehrere Nymphenstadien → adulte Tiere. Die Nymphen saugen ebenso Pflanzensäfte und produzieren bei vielen Arten wachsartige Absonderungen, die sie schützen oder tarnen.
Ein besonderes, wissenschaftlich viel beachtetes Detail ist der mechanische Synchronisationsmechanismus in den Hinterbeinen junger Stadien: „Ihre Nymphen haben an der Basis der Hinterbeine einen biologischen Getriebemechanismus, der die Beine synchron hält, wenn die Insekten springen.“ Dieser Verzahnungsmechanismus sorgt für sehr präzise, simultane Sprünge und wurde bei bestimmten Gattungen beschrieben.
Ökologische Rolle
Planthopper spielen mehrere ökologische Rollen: Sie sind Pflanzenfresser und damit Teil der Nahrungskette, dienen als Beute für Vögel, Spinnen und andere Insekten und produzieren durch das Saugen von Pflanzensäften Honigtau, der wiederum Ameisen anlockt und das Wachstum von Rußtaupilzen fördern kann. Nützlinge und natürliche Feinde regulieren viele Populationen in natürlichen Lebensräumen.
Wirtschaftliche Bedeutung und Pflanzenkrankheiten
Die meisten Planthopper sind ökologisch unauffällig, doch eine Minderheit verursacht wirtschaftliche Schäden. Einige Arten sind direkte Schädlinge, indem sie junge Triebe und Blätter schädigen oder die Vitalität von Kulturpflanzen mindern. Besonders bekannt sind Reiszikaden (z. B. Delphacidae wie Nilaparvata lugens), die in Reisanbaugebieten erhebliche Ernteverluste verursachen können.
Wichtiger noch ist ihre Rolle als Überträger von Pflanzenkrankheiten: Phytoplasmen, die im Phloem der Pflanzen leben, können durch das Saugen der Zikaden von Pflanze zu Pflanze übertragen werden. Neben Phytoplasmen können Planthopper auch Viren und andere Pathogene verbreiten, was sie in der Landwirtschaft relevant macht.
Bekämpfung und Management
In der Praxis setzt man auf integrierte Maßnahmen: Fruchtfolge, resistente Sorten, Förderung natürlicher Feinde und gezielten Einsatz von Insektiziden. Bei starkem Schädlingsdruck werden chemische Mittel verwendet, allerdings besteht die Gefahr von Resistenzbildung und Nebenwirkungen auf Nützlinge. Biologische Kontrollmethoden (z. B. parasitische Schlupfwespen, Pilze) und agronomische Maßnahmen sind deshalb wichtige Bausteine eines nachhaltigen Managements.
Erkennen und Beobachten
Planthopper lassen sich in Feld und Garten leicht beobachten: Achte auf sitzende Insekten an Stängeln und Blattunterseiten, flauschige Wachsschwänze bei Nymphen und plötzliche Sprünge bei Störung. Viele Arten sind sehr standorttreu und können anhand von Körperform, Flügelzeichnung und Verhalten bestimmt werden.
Zusammenfassung: Planthopper (Fulgoromorpha) sind vielfältige, oft gut getarnte Pflanzensauger mit interessanten Anpassungen wie wachsartigen Nymphenähnlichen Anhängseln und mechanischen Verzahnungen zur Sprungkoordination. Die meisten Arten sind ökologisch unauffällig, aber einige sind wichtige Pflanzenschädlinge oder Vektoren von Pflanzenkrankheiten und deshalb in Landwirtschaft und Naturschutz relevant.
In der Volkskultur
Der Planthopper wird in einer Schlüsselszene aus Alfred Hitchcocks Film Marnie erwähnt:
"In Kenia gibt es eine recht schöne Blume - eher wie eine Hyazinthe. Sollte man die Hand danach ausstrecken, um sie zu berühren, würde man entdecken, dass es sich bei der Blume überhaupt nicht um eine Blume handelt, sondern um ein Muster, das aus Hunderten von winzigen Insekten besteht, die Flachwanzen genannt werden. Sie entkommen den Augen hungriger Vögel, indem sie in der Form einer Blume leben und sterben".
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