Stanley Cohen (1922–2020): Nobelpreisträger & Pionier der Gentechnik
Stanley Cohen (1922–2020): Nobelpreisträger und Gentechnik-Pionier — wegweisende Forschung zur Krebsentstehung und Medikamentenentwicklung.
Stanley Cohen (17. November 1922 – 5. Februar 2020) war ein amerikanischer Biochemiker jüdischer Abstammung. Er erhielt 1986 den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin. Mit seinen Forschungen trug er entscheidend dazu bei, zu verstehen, wie Krebs entsteht und wie man wirkungsvollere Medikamente gegen bestimmte Tumoren entwickeln kann.
Entdeckung von Wachstumsfaktoren
In den frühen 1960er-Jahren isolierte und charakterisierte Cohen das sogenannte epidermale Wachstumsfaktor-Protein (EGF). Seine Arbeiten zeigten, dass EGF Zellwachstum und Zellteilung in verschiedenen Geweben stimuliert und damit ein zentrales Signal für die Regulation von Zellproliferation darstellt. Diese Entdeckung war grundlegend, weil sie einen biochemischen Mechanismus enthüllte, durch den Zellen auf externe Signale reagieren und wuchern können. Gemeinsam mit Rita Levi‑Montalcini, die unabhängig den Nervenwachstumsfaktor (NGF) untersucht hatte, wurde Cohen 1986 mit dem Nobelpreis für die Entdeckung von Wachstumsfaktoren ausgezeichnet.
Pionierarbeit in der Gentechnik
Stanley Cohen war außerdem, zusammen mit Herbert Boyer, einer der Wegbereiter der modernen Gentechnik. In den 1970er-Jahren entwickelten sie Methoden zur Manipulation von DNA in Bakterien, unter anderem die Nutzung von Plasmiden und Restriktionsenzymen, um DNA-Fragmente in vitro zu verbinden und funktionsfähige rekombinante Plasmide herzustellen. Diese Technik ermöglichte erstmals das gezielte Klonen von Genen und legte den Grundstein für die Herstellung von rekombinanten Proteinen — ein Verfahren, das später zur Produktion therapeutischer Eiweiße wie Insulin genutzt wurde.
Bedeutung und Vermächtnis
- Die Aufklärung der Wirkung von Wachstumsfaktoren erklärte wichtige Mechanismen der Zellbiologie und trug wesentlich zum Verständnis von Tumorentstehung und -progression bei.
- Die von Cohen und Kollegen entwickelten molekularbiologischen Methoden bildeten die Basis für die moderne Biotechnologie‑Industrie und die medizinische Gentechnik.
- Ihre Arbeiten lösten auch gesellschaftliche und ethische Debatten über Chancen und Risiken der Gentechnik aus und beeinflussten die Entwicklung von Sicherheitsstandards und Forschungsrichtlinien.
- Praktische Folgen sind unter anderem die Entwicklung von Wirkstoffen, die auf Wachstumsfaktor-Rezeptoren (z. B. EGFR-Inhibitoren) zielen, sowie die Produktion von rekombinanten Therapeutika in großem Maßstab.
Würdigung
Stanley Cohen gilt als einer der Wissenschaftler, die die moderne Molekularbiologie und die Angewandte Genetik nachhaltig geprägt haben. Seine Forschung verband grundlegende biochemische Erkenntnisse mit technologischen Innovationen und hinterließ ein dauerhaftes Erbe in Forschung, Medizin und Biotechnologie.
Biographie
Cohen studierte Chemie und Biologie am Brooklyn College. Er erhielt 1943 einen Bachelor-Abschluss und arbeitete als Bakteriologe in einem Werk, das Milch verarbeitet. Später, 1945, erhielt er einen M.A. in Zoologie am Oberlin College. Außerdem erhielt er 1948 einen Doktortitel von der biochemischen Fakultät der Universität von Michigan.
In den 1950er Jahren arbeitete Cohen mit Rita Levi-Montalcini an der Washington University in St. Louis zusammen. Er isolierte den Nervenwachstumsfaktor und entdeckte dann den epidermalen Wachstumsfaktor. 1959 begann er, Biochemie an der Vanderbilt University zu lehren.
Cohen erhielt außerdem 1983 den Louisa-Gross-Horwitz-Preis der Columbia University und 1986 die National Medal of Science.
Cohen starb am 5. Februar 2020 in Nashville, Tennessee, im Alter von 97 Jahren.
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