Curt Stern (1902–1981): Leben und Werk des Genetikers

Curt Stern (1902–1981): Biografie des bahnbrechenden deutsch‑amerikanischen Genetikers — Forschung an Drosophila, akademische Laufbahn und sein Einfluss auf die moderne Genetik.

Autor: Leandro Alegsa

Curt Stern (30. August 1902 - 23. Oktober 1981) war ein deutsch-amerikanischer Genetiker jüdischer Abstammung. Geboren in Hamburg, Deutschland, studierte er Zoologie an der Universität Berlin und promovierte 1923 im Alter von 21 Jahren. Er wurde für ein Stipendium ausgewählt, um an der ColumbiaUniversity zu studieren, dem damaligen Standort von Thomas Hunt Morgans berühmtem Drosophila-Fliegenzimmer.

Leben und akademischer Werdegang

Sterns Ausbildung und frühe Forschungen fanden in der lebendigen Genetikszene der 1920er Jahre statt. Nach seinem Studium in Berlin und dem Forschungsaufenthalt an der ColumbiaUniversity kehrte er nach Europa zurück, bevor er schließlich dauerhaft in die Vereinigten Staaten übersiedelte. Dort baute er eine langjährige akademische Karriere auf, leitete Forschungsgruppen, bildete zahlreiche Studierende und Doktoranden aus und prägte sowohl die klassische Drosophila-Genetik als auch die aufkommende Humangenetik.

Forschung und wichtigste Beiträge

Curt Stern leistete bedeutende Beiträge zur Genetik auf mehreren Gebieten; besonders hervorzuheben sind:

  • Mitotische Rekombination und Mosaizismus: Stern zeigte, dass Rekombinationsereignisse nicht nur in der Meiose (geschlechtliche Zellteilung), sondern auch in mitotischen Zellen auftreten können. Diese Entdeckung erklärte das Entstehen von genetischen Mosaiken (gepatchte Gewebe mit verschiedenen Genotypen) und hatte weitreichende Konsequenzen für das Verständnis von somatischen Mutationen und Tumorentstehung.
  • Chromosomen und Mutation: Er untersuchte die Folgen von Chromosomenumlagerungen und -brüchen für Phänotypen und die genetische Stabilität, wodurch das Wissen über Genomstruktur und Mutationsmechanismen vertieft wurde.
  • Humangenetik und genetische Beratung: Stern trug wesentlich dazu bei, Humangenetik als eigenständiges Fachgebiet zu etablieren. Er setzte sich für die wissenschaftlich fundierte Anwendung genetischer Erkenntnisse in Medizin und Beratung ein und wandte sich entschieden gegen pseudowissenschaftliche und rassistische Fehlinterpretationen genetischer Forschung.

Engagement und öffentliche Stellungnahmen

Neben seiner experimentellen Arbeit war Stern in der wissenschaftlichen Öffentlichkeit aktiv: Er kritisierte eugenische und rassistische Missbräuche der Genetik, erläuterte die Grenzen genetischer Determination und betonte die Bedeutung von Umweltfaktoren. Seine klaren Stellungnahmen trugen dazu bei, die öffentliche Debatte über Ethik und Anwendung genetischer Erkenntnisse mitzugestalten.

Publikationen und Lehre

Stern veröffentlichte zahlreiche wissenschaftliche Artikel und Lehrtexte, die generationsübergreifend in Forschung und Lehre verwendet wurden. Seine Lehrtätigkeit und schriftliche Vermittlung trugen wesentlich dazu bei, Methoden der klassischen Genetik und Konzepte der Humangenetik breiter zugänglich zu machen.

Wirkung und Vermächtnis

Die Arbeiten von Curt Stern haben die moderne Genetik nachhaltig beeinflusst. Seine Demonstration der mitotischen Rekombination und seine Beiträge zur Humangenetik gelten bis heute als wichtige Grundlagen. Außerdem ist sein Wirken ein frühes Beispiel dafür, wie Forschende Verantwortung übernehmen können, indem sie die gesellschaftlichen Folgen wissenschaftlicher Erkenntnisse reflektieren und Fehlanwendungen entgegenwirken.

Nach seinem Tod 1981 wird Sterns wissenschaftliches Erbe weiterhin in Forschung, Lehre und ethischer Reflexion der Genetik gewürdigt. Viele seiner Befunde sind nach wie vor Grundlage aktueller Fragestellungen in Evolutionsbiologie, Krebsforschung und Humangenetik.

Frühe Karriere

Stern nahm nach dem Ende seines Stipendiums einen Ruf an die Universität Berlin an. Im Jahr 1931 war er der erste, der das Crossover homologer Chromosomen in Drosophila melanogaster nachweisen konnte, nur wenige Wochen nachdem Barbara McClintock und Harriet Creighton dies mit Mais getan hatten.

Schließlich kehrte Stern 1932 in die Vereinigten Staaten zurück. Im Jahr 1939 wurde er amerikanischer Staatsbürger. Von 1933 bis 1947 lehrte er an der Universität von Rochester. Von 1947 bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1970 war er Professor an der University of California, Berkeley, wo er zahlreiche Doktoranden hatte.

Im Jahr 1936 zeigte er, dass Rekombination auch bei der Mitose stattfinden kann, was zu somatischen Mosaiken führt, also zu Organismen, die zwei oder mehr genetisch unterschiedliche Gewebetypen enthalten. Später zeigte er, dass auf dem Y-Chromosom von Drosophila mehrere Gene vorhanden sind, und beschrieb den Mechanismus der Dosis-Kompensation.

Während des Zweiten Weltkriegs leitete er für die amerikanische Regierung Forschungsarbeiten über die Sicherheit niedriger Strahlendosen. Seine Laborgruppe kam zu dem Schluss, dass es keinen "sicheren" Schwellenwert gibt, unterhalb dessen Strahlung nicht schädlich ist.

Humangenetik

Nach dem Krieg konzentrierte sich seine Forschung auf die Humangenetik und leistete Pionierarbeit auf dem Gebiet der heute so genannten Genregulation. Obwohl er kein Arzt war, beschäftigte er sich mit klinischer Arbeit in der Humangenetik. Im Jahr 1943 begann er an der Universität von Rochester einen Kurs in Humangenetik für Medizinstudenten zu unterrichten. Die erste Ausgabe von Sterns bahnbrechendem Lehrbuch Die Prinzipien der Humangenetik wurde 1949 veröffentlicht. Sowohl seine Lehrtätigkeit als auch sein Lehrbuch trugen dazu bei, die Humangenetik auf einer nicht-rassistischen Grundlage neu zu begründen, im Gegensatz zu den deutschen und amerikanischen Traditionen der Vorkriegszeit in diesem Fach. Stern war Unterzeichner der UNESCO-Erklärung Die Rassenfrage von 1950, einer Erklärung führender Wissenschaftler auf vielen Gebieten, die die Gültigkeit und die wissenschaftlichen Grundlagen des Rassismus in Frage stellte.

Der Curt-Stern-Preis, der 2001 von der American Society of Human Genetics ins Leben gerufen wurde, würdigt einen Wissenschaftler, der in den letzten 10 Jahren bedeutende wissenschaftliche Leistungen in der Humangenetik erbracht hat.

Fragen und Antworten

F: Wer ist Curt Stern?


A: Curt Stern war ein deutschstämmiger amerikanischer Genetiker jüdischer Abstammung.

F: Wo wurde Curt Stern geboren?


A: Curt Stern wurde in Hamburg, Deutschland, geboren.

F: Was hat Curt Stern an der Universität Berlin studiert?


A: Curt Stern studierte Zoologie an der Universität Berlin.

F: Wann hat Curt Stern seinen Doktortitel erhalten?


A: Curt Stern erhielt seinen Doktortitel 1923 im Alter von 21 Jahren.

F: Wo befand sich Thomas Hunt Morgans berühmtes Drosophila-Fliegenzimmer?


A: Thomas Hunt Morgans berühmter Drosophila-Fliegenraum befand sich an der Columbia University.

F: Wofür wurde Curt Stern nach seinem Doktortitel ausgewählt?


A: Nach seiner Promotion wurde Curt Stern für ein Stipendium ausgewählt, um an der Columbia University zu studieren.

F: Wann ist Curt Stern verstorben?


A: Curt Stern verstarb am 23. Oktober 1981.


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