Norbert Brainin: Erster Geiger des Amadeus-Quartetts — Leben & Werk

Norbert Brainin – erster Geiger des legendären Amadeus-Quartetts: Flucht 1938, Karriere als Solist, renommierte Auszeichnungen und historische Stradivari- und Guarneri-Instrumente.

Autor: Leandro Alegsa

Norbert Brainin (12. März 1923 in Wien - 10. April 2005 in London) war der erste Geiger des Amadeus Quartetts, eines der berühmtesten Streichquartette der Welt. Er prägte mit seinem warmen, lyrischen Klang und einer empfindsamen Musikalität das Klangbild der Gruppe über Jahrzehnte hinweg.

Biografie und frühe Jahre

Norbert Brainin wurde in eine musikalisch interessierte Familie in Wien geboren. Wegen seiner jüdischen Herkunft wurde Brainin nach Hitlers Anschluss 1938 aus Wien vertrieben. Zusammen mit dem Geiger Siegmund Nissel und dem Bratschisten Peter Schidlof suchte er Zuflucht im Vereinigten Königreich. Die drei lernten sich unter schwierigen Umständen kennen: Brainin und Schidlof trafen einander in einem britischen Internierungslager, in das viele jüdische Flüchtlinge – aus Angst vor Spionage oder aus bürokratischen Gründen – zeitweise interniert wurden.

Brainin wurde nach einigen Monaten aus dem Lager entlassen; Schidlof blieb zunächst länger, wo er schließlich Nissel kennenlernte. Schließlich wurden auch Schidlof und Nissel freigelassen. Alle drei erhielten Unterricht bei dem Geigenlehrer Max Rostal, der sie unentgeltlich förderte. Durch Rostal kam das Ensemble vollständig zusammen: Der Cellist Martin Lovett vervollständigte die Formation, und 1947 gründeten sie das Brainin Quartett, das 1948 in Amadeus Quartett umbenannt wurde.

Das Amadeus-Quartett: Karriere und Bedeutung

Das Amadeus Quartett entwickelte sich rasch zu einem der führenden Streichquartette des 20. Jahrhunderts. Mit einem Repertoire, das von Haydn und Mozart über Beethoven, Schubert und Brahms bis hin zu zeitgenössischen Komponisten reichte, errang das Ensemble internationale Anerkennung. Es unternahm umfangreiche Tourneen durch Europa, Nord- und Südamerika sowie Asien und gastierte in den bedeutendsten Konzerthäusern.

Besondere Aufmerksamkeit erhielten die Einspielungen des Quartetts, darunter die zyklischen Aufnahmen der Streichquartette von Ludwig van Beethoven und Johannes Brahms, die bis heute als Referenzaufnahmen gelten. Das Ensemble zeichnete sich durch homogenen Klang, ausgefeilte intonatorische Präzision und eine tief empfundene Musikalität aus.

Solistische Tätigkeit, Zusammenarbeit und Unterricht

Nach dem Ende des Quartetts trat Norbert Brainin weiterhin als Solist und Kammermusiker auf. Er pflegte zahlreiche kammermusikalische Partnerschaften; häufig spielte er zusammen mit dem Pianisten Günter Ludwig. Zudem gab Brainin Meisterkurse und unterrichtete junge Geiger, wobei er seine reiche Erfahrung und interpretatorische Sensibilität weitergab.

Instrumente

Zu seinen Instrumenten gehörten die berühmte "Rode" Guarnerius del Gesu von 1734, die Stradivari "Chaconne" von 1725 und die Stradivari "Gibson" von 1713. Diese Instrumente trugen entscheidend zu Brainins charakteristischem Klang bei und sind heute Teil der Legende um seine Kunst.

Ehrungen und Auszeichnungen

Für seine Verdienste um die Musik wurden Brainin und die Mitglieder des Amadeus-Quartetts vielfach ausgezeichnet. Unter anderem erhielten sie:

Diese Auszeichnungen spiegeln die internationale Anerkennung für die künstlerische Qualität und den kulturellen Beitrag des Quartetts und von Brainin selbst wider.

Auflösung des Quartetts und spätere Jahre

Nach dem Tod von Peter Schidlof hörte das Quartett 1987 auf, gemeinsam zu musizieren; die verbleibenden Mitglieder waren der Ansicht, dass kein anderer Bratschist in gleicher Weise in die unverwechselbare Klangstruktur der Gruppe passen würde. Norbert Brainin setzte seine künstlerische Tätigkeit als Solist und Kammermusiker fort, gab Konzerte und Workshops und blieb eine respektierte Persönlichkeit der internationalen Kammermusikszene.

Vermächtnis

Norbert Brainins Einfluss reicht über zahlreiche Konzertauftritte und historische Aufnahmen hinaus: Als Interpret und Pädagoge prägte er Generationen von Musikerinnen und Musikern. Die Aufnahmen des Amadeus Quartetts gelten nach wie vor als wichtige Dokumente der Streichquartett-Literatur und werden von Kritikern und Liebhabern als unverzichtbar für das Verständnis dieser Werke betrachtet.

Norbert Brainin starb am 10. April 2005 in London. Sein musikalisches Erbe lebt in den Aufnahmen und den Erinnerungen an seine unverwechselbare Musikalität weiter.

Fragen und Antworten

F: Wann wurde Norbert Brainin geboren?


A: Norbert Brainin wurde am 12. März 1923 in Wien geboren.

F: Was war der Grund für die Vertreibung von Brainin und seinen Musikerkollegen?


A: Wegen Brainins jüdischer Herkunft wurde er nach Hitlers Anschluss 1938 aus Wien vertrieben.

F: Wie kam es zur Gründung des Amadeus Quartetts?


A: Das Amadeus Quartett entstand, als der Geigenlehrer Max Rostal 1947 den Cellisten Martin Lovett kennenlernte und sie das Brainin Quartett gründeten, das 1948 in Amadeus Quartett umbenannt wurde.

F: Welche Ehrungen wurden den Mitgliedern des Quartetts zuteil?


A: Den Mitgliedern des Quartetts wurden zahlreiche Ehrungen zuteil, darunter der Order of the British Empire, der von der Königin verliehen wurde, die Doktortitel der Universitäten von London, York und Caracas, die höchste aller deutschen Auszeichnungen, das Große Verdienstkreuz, und das Österreichische Ehrenkreuz für Kunst und Wissenschaft.

F: Warum haben sie 1987 aufgehört, zusammen zu spielen?


A: Sie hörten 1987 nach dem Tod von Schidlof auf, zusammen zu spielen, weil sie der Meinung waren, dass kein anderer Bratschist so gut in ihre Gruppe passen würde.

F: Mit wem ist Norbert Brainin oft als Solist aufgetreten?


A: Norbert Brainin trat oft als Solist mit dem Pianisten Günter Ludwig auf.

F: Welche Instrumente hat Norbert Brainin gespielt?


A: Norbert Brainin spielte Instrumente wie "Rode" Guarnerius del Gesu (1734), "Chaconne" Stradivarius (1725) und "Gibson" Stradivarius (1713).


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