Synästhesie: Definition, Ursachen & Formen – Chromästhesie bei Musik

Synästhesie erklärt: Definition, Ursachen & Formen. Erfahren Sie, wie Chromästhesie Musik in Farben verwandelt – von Mozart bis Skrjabin.

Autor: Leandro Alegsa

Synästhesie ist eine neurologische Besonderheit, bei der Wahrnehmungen in einem Sinneskanal automatisch zusätzliche Eindrücke in einem anderen Kanal hervorrufen. So kann zum Beispiel ein Ton eine Farbwahrnehmung auslösen oder ein Buchstabe unwillkürlich eine bestimmte Farbe haben. Menschen mit Synästhesie werden Synästhetiker genannt. Die Erfahrung ist für Betroffene meist stabil und konsistent über Jahre und wird von ihnen nicht als Störung, sondern oft als bereichernd empfunden.

Ursachen und Entstehung

Synästhesie tritt häufig als angeborenes Merkmal auf (kongenitale Synästhesie). Die genauen genetischen Mechanismen sind noch nicht vollständig verstanden, es gibt jedoch Hinweise auf familiäre Häufungen und komplexe Vererbungswege. Zwei führende neurobiologische Erklärungsansätze sind:

  • Cross-Activation: benachbarte Hirnareale sind stärker vernetzt als üblich, sodass Erregung eines Gebiets automatisch ein anderes mit aktiviert (z. B. Klang- und Farbbereiche).
  • Disinhibierter Feedback: normale Hemmungsmechanismen zwischen Sinnesbereichen sind reduziert, wodurch Rückkopplungen und „überschießende“ Verknüpfungen entstehen.

Synästhesie kann auch im Laufe des Lebens auftreten (adventive oder Adventivsynästhesie) — etwa nach einem Schlaganfall, während oder nach einem epileptischen Anfall, bei bestimmten Gehirnverletzungen oder durch den Konsum von psychedelischen Medikamenten. In Einzelfällen wird sie auch im Zusammenhang mit Sinnesverlust (z. B. Blindheit oder Taubheit) beschrieben. Wenn Synästhesie nicht auf genetische Ursachen zurückgeht, spricht man von Adventivsynästhesie. Dabei können z. B. Schall und Sehen oder Tastsinn und Hören gekoppelt werden.

Häufige Formen der Synästhesie

Es gibt viele verschiedene Formen. Zu den am besten dokumentierten zählen:

  • Graphem-Farb-Synästhesie (Grafem-Farb): Buchstaben oder Zahlen rufen stabile Farben hervor.
  • Chromästhesie (Farbhören): Klänge, Töne oder Musik werden mit Farben, Formen oder Bewegungen assoziiert. Viele Musiker und Komponisten beschrieben solche Erfahrungen — manche sahen komplette „Farblandschaften“ zur Musik.
  • Lexikalisch-gustatorische Synästhesie: Wörter oder Namen rufen Geschmacksempfindungen hervor.
  • Ordinale-Sequenz-Synästhesie: Reihenfolgen wie Wochentage oder Zahlen erscheinen räumlich organisiert.
  • Mirror-Touch-Synästhesie (Spiegel-Touch): Berührt jemand anderes einen Körperteil, fühlt der Synästhetiker diesen Kontakt am eigenen Körper.

Chromästhesie bei Musik — Beispiele

Bei der Chromästhesie erscheinen Klänge als Farben oder Formen. Berühmte historische Beispiele werden oft zitiert: So soll Mozart Farbwahrnehmungen zu Tonarten gehabt haben — er berichtete, D-Dur sei warm und „orangefarben“, b-Moll schwärzlich, und A-Dur erschien ihm wie ein „Regenbogen“. Solche Eindrücke könnten teilweise erklären, warum Mozart bestimmte tonale Entscheidungen traf oder Farben in seinen Notationen verwendete.

Auch der russische Komponist Alexander Skrjabin interessierte sich intensiv für Klang-Farb-Zusammenhänge und arbeitete mit einem Erfinder zusammen, der eine Farborgel konstruierte; ähnliche Berichte gibt es von Nikolai Rimski-Korsakow, der Synästhesieerfahrungen beschrieben haben soll. Solche Beispiele zeigen, wie Synästhesie kreative Prozesse und künstlerische Konzepte beeinflussen kann.

Diagnose und Forschung

Wissenschaftlich wird Synästhesie vor allem durch die Stabilität und Konsistenz der Assoziationen geprüft. Typische Untersuchungen sind:

  • Konsistenztests: Eine Person ordnet z. B. Buchstaben Farben zu; Monate später werden die Zuordnungen erneut geprüft — echte Synästheten sind sehr konsistent.
  • Stroop-ähnliche Tests: Unstimmige Kombinationen (z. B. der Buchstabe „A“ in einer anderen Farbe) führen zu messbaren Reaktionszeit-Verzögerungen.
  • Bildgebung: fMRI, EEG und DTI zeigen bei Synästheten oft atypische Aktivierungsmuster und veränderte Konnektivität zwischen Sinnesbereichen.

Moderne Tests (z. B. die Online-Synästhesie-Batterie) helfen, subjektive Berichte objektiv zu prüfen.

Wie häufig ist Synästhesie und wie verläuft sie?

Schätzungen zur Prävalenz variieren — frühe Studien gaben Werte von unter 1 % an, neuere Untersuchungen sprechen von einigen Prozent der Bevölkerung (z. B. ~2–4 %), abhängig von Methode und Definition. Synästhesie ist meist lebenslang stabil, kann sich aber im Laufe des Lebens in Intensität oder Ausdrucksform leicht verändern. Viele Betroffene berichten von positiven Effekten wie verbessertem Erinnerungsvermögen oder erhöhte Kreativität, in seltenen Fällen kann die Wahrnehmung störend oder überfordernd sein.

Praktische Auswirkungen und Umgang

Synästhesie ist in der Regel nicht krankhaft und erfordert keine Behandlung. Wenn Wahrnehmungen jedoch belastend sind (z. B. sehr intensive oder störende Reize), können psychologische Beratung, Achtsamkeitstechniken oder Anpassungen im Alltag hilfreich sein. Für Künstler, Musiker und Pädagogen kann Synästhesie ein interessantes Potenzial darstellen — sowohl zur Inspiration als auch zur Vermittlung von Lerninhalten (z. B. Farben zur Ordnung von Informationen).

Geschichte und Forschungslage

Synästhesie wurde bereits im 19. und frühen 20. Jahrhundert untersucht; in der Mitte des 20. Jahrhunderts rückte sie etwas aus dem Fokus. Erst in den letzten Jahrzehnten hat die Forschung—durch experimentelle Tests und moderne Hirnbildgebung—wieder stark zugenommen, sodass heute viele Aspekte besser verstanden sind, wenn auch nicht alle genetischen oder neuronalen Details geklärt sind.

Bekannte Synästhetiker

Fazit: Synästhesie ist eine vielseitige und faszinierende Form der Wahrnehmung, die von starken, stabilen Querverknüpfungen zwischen Sinneseindrücken geprägt ist. Sie kann genetisch veranlagt oder als Folge neurologischer Veränderungen entstehen, beeinflusst oft Kreativität und Gedächtnis und lässt sich heute zuverlässig wissenschaftlich untersuchen.

Wie jemand mit Synästhesie Buchstaben und Zahlen sehen könnteZoom
Wie jemand mit Synästhesie Buchstaben und Zahlen sehen könnte

Erfahrungen

Die gleiche Art von Synästhesie kann bei verschiedenen Menschen unterschiedliche Auswirkungen (ausgeprägt und weniger ausgeprägt) haben.

Synästhetiker sagen oft, dass sie nicht wussten, dass ihre Erfahrungen ungewöhnlich waren, bis sie herausfanden, dass andere Menschen sie nicht hatten. Andere berichten, dass sie sich fühlten, als hätten sie ihr ganzes Leben lang ein Geheimnis bewahrt. Die meisten Synästhetiker halten ihre Erfahrungen für ein Geschenk - einen "verborgenen" Sinn. Die meisten Synästhetiker finden in ihrer Kindheit heraus, dass sie Synästhesie haben. Einige lernen, sie im täglichen Leben und bei der Arbeit anzuwenden. Beispielsweise können sie ihre Gabe nutzen, um sich Namen und Telefonnummern zu merken oder Kopfrechnen zu machen. Viele Menschen mit Synästhesie nutzen ihre Erfahrungen, um kreativer zu werden, z.B. beim Zeichnen und Musizieren.

Es wurden mehr als 60 Arten von Synästhesie berichtet, aber nur eine kleine Anzahl wurde von Wissenschaftlern untersucht. Einige gängige Arten von Synthesen gehören dazu:

  • Graphem-Farb-Synästhesie: Buchstaben oder Zahlen haben eine eigene Farbe.
  • Ordinale sprachliche Personifizierung: Zahlen, Wochentage und Monate des Jahres werden als eine eigene Persönlichkeit empfunden.
  • Räumliche Abfolge: Zahlen, Monate des Jahres und/oder Wochentage befinden sich an bestimmten Orten im Raum. Zum Beispiel kann 1980 "weiter entfernt" sein als 1990. Oder ein Jahr kann dreidimensional als Karte betrachtet werden.
  • Visuelle Bewegung → Klangsynästhesie: Hörgeräusche als Reaktion auf sehende Bewegung.

Fragen und Antworten

F: Was ist Synästhesie?


A: Synästhesie oder Synästhesie ist ein Zustand, bei dem das Gehirn die Sinne vermischt. Menschen, die an Synästhesie leiden, werden Synästhetiker genannt.

F: Wie wird sie vererbt?


A: Synästhesie wird in der Regel vererbt (als angeborene Synästhesie bezeichnet), aber wie genau sie vererbt wird, ist unbekannt.

F: Kann die Synästhesie auch durch andere Faktoren als die Genetik verursacht werden?


A: Ja, Synästhesie kann auch bei Menschen auftreten, die psychedelische Drogen nehmen, nach einem Schlaganfall oder während eines epileptischen Anfalls. Es wird auch berichtet, dass sie eine Folge von Blindheit oder Taubheit ist. Diese Art von Synästhesie, die durch Ereignisse ausgelöst wird, die nichts mit den Genen zu tun haben, wird als zufällige Synästhesie bezeichnet und beinhaltet, dass Töne mit dem Sehen oder Berührungen mit dem Hören in Verbindung gebracht werden.

F: Wer war Mozart?


A: Mozart war ein österreichischer Komponist und Musiker, der im 18. Jahrhundert lebte und einige der berühmtesten Musikstücke der Geschichte komponierte.

F: Hatte Mozart Chromethesie?


A: Ja, einige Musiker und Komponisten haben eine Form der Synästhesie, die es ihnen ermöglicht, Musik als Farben oder Formen zu "sehen", was als Chromethesie bezeichnet wird. Mozart soll diese Form der Synästhesie gehabt haben und sagte, dass die Tonart D-Dur einen warmen, "orangefarbenen" Klang hatte, während h-Moll schwärzlich war und A-Dur für ihn wie ein Regenbogen von Farben war.

F: Wer hatte noch ein Farbengehör?


A: Ein weiterer Komponist, der Farben hören konnte, war der russische Komponist Alexander Skrjabin, der sich 1907 mit einem anderen berühmten Komponisten, Nikolai Rimski-Korsakow, der ebenfalls an Synästhesie litt, darüber unterhielt, dass bestimmte Musiknoten sie an bestimmte Farben denken ließen.

F: Woran hat Skrjabin mit Alexander Mozer gearbeitet?


A:Skrjabin arbeitete zusammen mit Alexander Mozer an der Entwicklung einer Farborgel, die je nach gespielten Noten verschiedene farbige Lichter erzeugen konnte.


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