Maracaibo-See (Lago de Maracaibo): Brackige Gezeitenbucht in Venezuela

Maracaibo-See (Lago de Maracaibo), brackige Gezeitenbucht in Venezuela: riesige Lagune mit Catatumbo-Fluss, zahlreichen Inseln und Kanalverbindung zum Karibischen Meer.

Autor: Leandro Alegsa

Der Maracaibo-See (spanisch: Lago de Maracaibo) ist eine große brackige Gezeitenbucht (oder Gezeitenmündung) in Venezuela. Er wird als eine "Einbuchtung des karibischen Meeres" beschrieben und wird im Sprachgebrauch häufig eher als See denn als Bucht oder Lagune bezeichnet. Im Norden verbindet ihn ein etwa 55 km langer Kanal mit dem Karibischen Meer.

Geographie und Maße

Der See hat ungefähre Ausdehnungen von rund 160 km in Ost-West- und 110 km in Nord-Süd-Richtung; die Fläche beträgt grob etwa 13.000 km², je nach Messmethode. Der Maracaibo-See ist insgesamt relativ flach: die mittlere Tiefe beträgt nur wenige Meter, während engere Verbindungsstellen und der nördliche Kanal größere Tiefen aufweisen. In Maracaibo, auf der Ostseite des nördlichen Kanals, ist dieser Kanal an seiner breitesten Stelle etwa 8,5 km weit. Die Stadt Maracaibo gibt dem See seinen Namen.

Hydrologie

In den See münden insgesamt 135 Flüsse. Der größte Zufluss ist der Catatumbo-Fluss (etwa 500 km lang). Weitere wichtige Zuflüsse sind der Escalante-Fluss und der Chama-Fluss. Durch das Zusammenwirken von Flusswasser und Meereswasser entsteht ein markantes Salzgehaltsgefälle: Im nördlichen Teil überwiegt Brackwasser, im südlichen Bereich dominiert eher Süßwasser. Diese Mischung beeinflusst Ökosysteme, Schifffahrt und Fischbestände.

Klima und besondere Phänomene

Das Klima in der Region ist tropisch und warm. Bekannt ist das Gebiet um die Mündung des Catatumbo für das spektakuläre Wetterphänomen der sogenannten Catatumbo-Blitze: in dieser Region treten sehr häufig und nahezu kontinuierlich Gewitter mit starken Blitzen auf, was auch der Schifffahrt und der lokalen Kultur Bedeutung verleiht.

Wirtschaft und Nutzung

Der Maracaibo-See liegt im Zentrum eines wirtschaftlich wichtigen Gebiets. Die Uferregionen sind dicht besiedelt; die Stadt Maracaibo ist ein wichtiges Handels- und Industriezentrum. Das Becken um den See gehört zu den bedeutendsten Erdölvorkommen Venezuelas, weshalb seit Anfang des 20. Jahrhunderts Öl- und Gasförderung die regionale Wirtschaft prägt. Daneben sind Fischerei, Hafenbetriebe und regionale Landwirtschaft wichtige Nutzungen.

Infrastruktur

Die General-Rafael-Urdaneta-Brücke überspannt den nördlichen Kanal des Sees und verbindet die Stadt Maracaibo mit dem gegenüberliegenden Ufer. Die Brücke ist eine der markanten technischen Bauwerke der Region und trägt erheblich zum Verkehr und Warenumschlag bei. Der See selbst ist in weiten Teilen schiffbar und dient als Verkehrs- und Transportweg zu verschiedenen Häfen und Terminals.

Ökologie und Umweltprobleme

Der Maracaibo-See und die angrenzenden Feuchtgebiete bieten Lebensraum für zahlreiche Fischarten, Wasservögel und Mangroven. Gleichzeitig gibt es ernste Umweltprobleme: Ölverschmutzungen, industrielle Einleitungen, Abwässer aus Städten und landwirtschaftlicher Eintrag haben in Teilen zu Verschlechterungen der Wasserqualität und zu Rückgängen bestimmter Fischbestände geführt. Sedimentation in Flussmündungen und Veränderungen im Salzgehalt beeinflussen die biologische Vielfalt. Der Schutz von Mangroven, Wetlands und die Reduzierung von Verschmutzungen sind zentrale Herausforderungen für die nachhaltige Nutzung des Sees.

Kultur und Geschichte

Der Maracaibo-See spielt seit langem eine wichtige Rolle für die Menschen der Region — sowohl für indigene Gruppen als auch für die spätere Kolonialgeschichte und die moderne Entwicklung Venezuelas. Die Nähe zu Rohstoffen, die Lage als Verkehrsachse und die Besonderheiten des Klimas haben die Siedlungs- und Wirtschaftsstruktur stark geprägt.

Insgesamt ist der Maracaibo-See eine geographisch und wirtschaftlich bedeutende, zugleich ökologisch sensible Einheit, deren Zustand für die Region große Bedeutung hat.

Der Catacumbo-Blitz ereignet sich dort, wo der Catacumbo-Fluss in den Maracaibo-See mündetZoom
Der Catacumbo-Blitz ereignet sich dort, wo der Catacumbo-Fluss in den Maracaibo-See mündet

Wirtschaftliche Bedeutung

In den meisten Teilen des Sees ist das Wasser sehr flach. Aus diesem Grund wurde ein Kanal gebaut, so dass Hochseeschiffe die Häfen von Maracaibo und Cabimas erreichen können.

1914 wurde in dem See bei Cabimas Rohöl gefunden. Das umliegende Maracaibo-Becken enthält große Reserven davon; der See ist ein wichtiges Profitzentrum für Venezuela. Fast ein Viertel der venezolanischen Bevölkerung lebt in dem Becken um den See.

Gewitter

Der Maracaibo-See ist nicht sehr tief, im Durchschnitt hat er nur eine Tiefe von 5 Metern (16 ft). Seine größte Tiefe beträgt 45 Meter (148 ft). Sein Wasser ist sehr warm, normalerweise 30 °C (86 °F). Tagsüber verdunstet viel Wasser aus dem See. Nachts kühlt die Luft rund um den See schneller ab als die Luft über dem See. Dies führt zur Bildung von Wolken. Wegen des Temperaturunterschieds kommt es häufig zu Gewittern. Grosse Viehherden weiden in der Umgebung des Sees. Sehr oft werden sie vom Blitz getroffen. Blitze können auch eine der vielen Ölförderanlagen im See treffen, die oft in Brand geraten.

Dieses Wetterphänomen ist als Catatumbo-Blitz bekannt. Es tritt regelmäßig am Maracaibo-See auf und erzeugt mehr Blitze als an jedem anderen Ort auf dem Planeten.

Umweltprobleme

Die Umgebung des Sees hat mehrere Probleme. Ein Teil des Sees ist von der Wasserlinse Lemna befallen. Wasserlinsen sind Pflanzen, die frei auf dem Wasser schwimmen. Das Problem mit der Lemna ist, dass sie sich sehr schnell ausbreitet. Ihre Wasserbedeckung kann sich innerhalb von 48 Stunden verdoppeln. Die Pflanzen können nur physisch entfernt werden. Mitte 2004 war der See zu etwa 18% mit Lemna bedeckt.

Wasserlinsen sind für Fische nicht giftig, aber sie entziehen dem See beim Zerfall Sauerstoff. Das tötet die Fische. Obwohl Beamte sagen, dass das Unkraut den Fischen noch keinen Schaden zugefügt hat, schadet es der lokalen Fischereiindustrie. Die Pflanze verstopft die Motoren kleiner Boote und macht es den Fischern unmöglich, ihre Schiffe zu Wasser zu lassen.

Die Wasserlinse bedroht auch das lokale Ökosystem, weil sie den See beschattet: Andere Pflanzen im See bekommen nicht genug Licht und sterben ab. Unter bestimmten Bedingungen kann das Unkraut Schwermetalle und Bakterien wie Salmonellen und Vibrio cholerae, das Bakterium, das Cholera verursacht, anreichern. Auch wenn es viele Probleme verursacht, kann das Unkraut auch einen gewissen Nutzen haben: Wasserlinsenkraut kann behandelt werden, um Geflügel zu füttern oder Papier herzustellen.

Der See hat andere Probleme. Ungeklärte Abwässer werden in ihn eingeleitet, und Ölbohrungen verursachen eine Verschmutzung durch Rohöl.

Falschfarbenbild zur Darstellung der Verschmutzung des Sees: Die dunklen Flecken im bläulichen Bereich sind ÖlverschmutzungenZoom
Falschfarbenbild zur Darstellung der Verschmutzung des Sees: Die dunklen Flecken im bläulichen Bereich sind Ölverschmutzungen

Ein großer Teil des Seeufers ist mit Abfällen verunreinigtZoom
Ein großer Teil des Seeufers ist mit Abfällen verunreinigt

Fragen und Antworten

F: Was ist der Maracaibo-See?


A: Der Maracaibo-See ist eine große brackige Gezeitenbucht (oder Gezeitenmündung) in Venezuela.

F: Wodurch ist der Maracaibo-See mit dem Karibischen Meer verbunden?


A: Ein 55 km langer Kanal verbindet den Maracaibo-See mit dem Karibischen Meer.

F: Warum wird der Maracaibo-See oft als See und nicht als Bucht oder Lagune bezeichnet?


A: Obwohl der Maracaibo-See eine Gezeitenbucht ist, wird er aufgrund seiner Größe und seiner einzigartigen Eigenschaften oft als See bezeichnet.

F: Wie heißt die Stadt an der Ostseite des Kanals, der den Maracaibo-See mit dem Karibischen Meer verbindet?


A: Die Stadt auf der Ostseite des Kanals heißt Maracaibo.

F: Welcher Fluss ist der größte, der in den Maracaibo-See fließt?


A: Der größte Fluss, der in den Maracaibo-See fließt, ist der Catatumbo-Fluss, der 500 km lang ist.

F: Ist der nördliche Teil des Maracaibo-Sees Brackwasser oder Süßwasser?


A: Der nördliche Teil des Maracaibo-Sees ist Brackwasser.

F: Gibt es Inseln im Maracaibo-See?


A: Ja, es gibt viele Inseln im Maracaibo-See.


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